PRESSEMITTEILUNGEN

über die Notwendigkeit unabhängiger Begutachtung

Die gute Nachricht vorweg: Nie hatten die Deutschen so gesunde Zähne wie heute. Karies ist auf dem Rückzug ...und zwar in allen sozialen Schichten und Altersgruppen. In den Gebissen von 12jährigen sind durchschnittlich noch 0,5 Zähne betroffen. Im Jahr 1989 waren es 10mal so viel. So das Ergebnis der "Mundgesundheitsstudie" 2014. – Und die aus unserer Sicht beste Nachricht dabei ist: Dieses erfreuliche Ergebnis geht auf den Erfolg der "Prävention“ zurück! D.h.: Prävention verhindert Krankheiten und ist segensreich ...auch wenn sich die deutschen Zahnärzte damit den komfortablen Ast abgesägt haben, auf dem sie einst sehr bequem und lukrativ gesessen haben ...wodurch im Schweden der 90er Jahre junge Zahnmedizinstudenten in die Arbeitslosigkeit studiert haben. Dummheit oder Altruismus? Darüber mag jeder seine eigene Ansicht verfolgen. Jedenfalls hat das zu massiven Einkommenseinbußen in der Zahnärzteschaft geführt ...die zusammen mit der gleichzeitig und in unüberlegt irriger Weise verdoppelten Zahnärzteanzahl- in Deutschland zu finanziellen Engpässen geführt hat, die viele Zahnärzt|innen (in ihrer Not??) durch nicht seriöse Mittel  anderweitig auszugleichen versuchen.

Offenbar stemmt sich ein Berufsstand hier erfolgreich gegen das Gesundschrumpfen, und zwar mit allen Mitteln sowie mit viel Phantasie. In harmlosen Fällen führt das bloß zu durchaus sinnvollen aber  dadurch auch nicht ungedingt erforderlichen, überteuerten Therapien. Leider führt das aber auch bei gewissenlosen Berufskollegen dazu, dass sie Krankheiten beschwören. Die Schlimmsten betreiben in diesem Kampf um's Geld sogar Gesundheitsvernichtung. Neben der sicherlich immer noch großen Zahl redlicher Zahnärzte, die alles für ihre Patienten geben und das zu bescheidenen Preisen, wächst aber auch unaufhaltsam das Heer schwarzer Schafe.

Davon handelt diese Zusammenfasung.


Als im Jahr 2018 das Magazin STERN eine Untersuchung zu dieser Thematik veröffentlichte, traten sie damit eine Lawine an Protesten seitens der Zahnärzteschaft los. Warum wohl? Hatte man die Zahnärzt|innen mit falschen Beschuldigungen angeklagt, oder war es sprichwörtlich der 'Aufschrei von betroffenen Wölfen, die jaulen'? – Dieser Frage geht diese Darlegung nach.


Dafür wurden anhand unterschiedlichster Quellen verschiedene Aspekte in der zahnärztlichen Behandlung aufgegriffen und durch Untersuchungen bzw. Testungen unterlegt. – Um Missverständnissen vorzugreifen soll hier klar darauf hingewiesen werden, dass dies kein spezifisches Problem der zahnärztlichen Behandlungen ist sondern sich genau so oder ähnlich auf alle ärztlichen Behandlungen auch in anderen medizinischen Fachbereichen mittelständischer Einrichtungen übertragen lässt. Aber auch in großen, staatlich subventionierten oder von privaten Trägern geführten Kliniken existieren ähnliche Probleme, weil dort seitens der kaufmännischen Führung penibel darauf geachtet wird, dass viel (zu viel) operiert wird, und die Patienten aufgrund der 'Fallpauschalen' möglichst schnell nach einer Operation wieder 'rausgeschmissen' werden. Aber das ist ein anderes Problem, das hier nicht besprochen werden kann. Konzentrieren wir uns also auf die zahnärztlichen Beratungen, Diagnosestellungen und Behandlungen.


Zur Problematik (zahn)ärztlicher Beratung

Prof. Hans Jörg Staehle, Direktor der Unizahnklinik Heidelberg, prüft seine Kollegen seit vielen Jahren mit der Fallgeschichte einer 59-jährigen Hausfrau, der seit jungen Jahren zwei Backenzähne fehlten, und die damit nie Probleme hatte. Er fertigte Gipsmodelle des Gebisses, Fotos und ein Röntgenbild an und schickte sie Kollegen. Erstmals veröffentlichte er seine Erhebung im zahnärztlichen Standesblatt ZM, und erklärt, dass er den Fall bis heute nutze um die Fehlerhaftigkeit zahnärztlicher Beratungen zu demonstrieren, und dass es weitere Publikationen dazu geben werde. Die Therapieempfehlungen wie auch deren Heil- und Kostenpläne schwankten im oben genannten Fall zwischen 50€ und über 5'000€: Es wurden Brücken, Implantate aber auch eine schlichte Nicht-Versorgung empfohlen. Als Gründe für eine Versorgungsnotwendigkeit wurde beispielsweise angeführt, man müsse "frühzeitig implantieren, solange noch genügend Knochen da ist" bzw. würden durch die Eingriffe entweder die Kaufunktion oder die Hygieneverhältnisse verbessert oder spätere Zahnwanderungen vermieden. Staehle sagt dazu: "Immer wieder fällt auf, dass sich die Vorschläge nicht nur am Wohl der Patientin orientieren, sondern mit der Vorliebe des jeweiligen Kollegen zu tun haben." – Prof. Staehle selbst entschied sich fürs Abwarten und untersucht seither die Patientin regelmäßig. Es schadete ihr bisher offensichtlich nicht: "Ihre Zahnlücken stellen sich unverändert dar."  [Anmerkung: da Zahnwanderungen bzw. ein Herauswachsen von Zähnen in Lücken ohne Gegenzahn keineswegs zwangsläufig sind und eine ganz individuelle und vor allem unabhängige Begutachtung empfehlenswert macht, da es keine gute Idee ist denjenigen, der an einer möglichst umfangreichen Versorgung verdient, gleichzeitig zum ausschließlichen Begutacjter und Ersteller des Heil- und Kostenplans zu machen. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser!].

[Quelle: Staehle Hans Jörg, ZM 7/2010: 'Die Balance zwischen Über- und Unterversorgung']


Schon die professionelle Zahnreinigung wird laut Prof. Staehle "in den meisten Fällen mittelmäßig bis schlecht"durchgeführt, wie auch die STIFTUNG WARENTEST in 2011 und 2015 nach zusammengenommen 15 Praxisbesuchen herausfand. Vor allem in den Zahnzwischenräumen blieb ein Großteil der Beläge haften.

[Quelle: Stiftung Warentest 9/2011, S.88-91: 'Großputz beim Profi' sowie 7/2015, S. 87-90: 'Weit aufmachen, bitte']


...zum Thema: Defizite in der Befunderhebung

Grundannahmen wie gemeinsame Methoden zur Befunderhebung oder zu erwartende, gleiche Befunde oder gar gleiche Therapien bzw. vergleichbare Heil- und Kostenpläne etc. „treffen in hohem Maße nicht zu“ urteilten das Institut für analytische Verbraucherforschung (IFAV) und das Wissenschaftliche Institut (WidO) der AOK im Jahr 1999 auf Basis von 199 Zahnarztbesuchen durch 20 Testpatienten. Große Defizite traten vor allem in der Qualität der Befunderhebung auf. Die Schätzungen der Material- und Laborkosten in den Heil- und Kostenplänen waren nicht transparent.

[Quelle: IFAV/WIdO (Hrsg) / Bauer, Huber: 'Markttransparenz beim Zahnersatz – Befunde, Therapiepläne und Kostenschätzungen in einem Vergleich', Bonn 1999)]


Die Zeitschrift ÖKOTEST schickte im Jahr 2004 einen Testpatienten zu 20 Zahnärzten, deren Urteile von "kein Behandlungsbedarf" bis "aufwändiger Sanierungsfall" variierten, und deren Kosten bei den Therapievorschlägen zwischen 175€ bis 9'131€ variierten.

[Quelle: ÖKOTEST 4/2004, S. 44-51: 'Abgezockt, geschlampt und gepfuscht']


...zum Thema: Befundvariationen unter den Ärzten

Die Zeitschrift STERN in Kooperation mit der Krankenversicherung ERGO DIREKT schickte vor sieben Jahren 23 Testpatienten zu 114 Zahnärzten. Das Fazit der drei Gutachter: "In mehr als 70 Prozent der getesteten Praxen wurden die Mindesterwartungen an eine sorgfältige Befund- und Beratungstätigkeit nicht erfüllt".

[Quelle: STERN 50/2011, S. 108-118: 'Mündliche Prüfung']


...zum Thema: Sorgfältige Befunderhebung? - Fehlanzeige!

Die Verbraucherzentrale Hamburg schickte im Jahr 2013 eine Patientin mit Karies an einem Backenzahn sowie einer Zahnlücke zu 30 Hamburger Zahnärzten. Die Zahnlücke war laut 3 der Referenzzahnärzte „nicht behandlungs-, sondern nur kontrollbedürftig“. Nur 5 der 30 Zahnärzte erkannten überhaupt die Karies. Die Therapievorschläge zur Zahnlückenversorgung „variierten stark in Abhängigkeit vom Stadtviertel“ – im reichen Poppenbüttel rieten 9 von 10 Zahnärzten zur Versorgung, während in den zwei ärmeren Vierteln immerhin 7 von 10 Zahnärzten den bevorzugten Wunsch der Patientin zur Nicht-Behandlung akzeptierten.

[Quelle: VERBRAUCHERZENTRALE Hamburg 2013: 'Wenn Sie diese Zahnlücke nicht behandeln lassen, fallen Ihnen bald alle Zähne aus!')


...zum Thema: Karies nicht erkannt

Die STIFTUNG WARENTEST schickte im Jahr 2015 drei Testpatienten mit "komplizierten Dentalproblemen" zu 15 Implantologen. Die Behandlungsvorschläge überschritten diejenigen der Gutachter preislich um bis zu 90% (bis zu knapp 10'000€). Zur Qualität der Vorschläge bemerkten die Tester: „Nur zwei der Behandlungspläne waren einigermaßen in Ordnung, alle anderen schlecht.“, außerdem würden sie „unnötige Risiken“ bergen. 5 Zahnärzte „unterließen wichtige Voruntersuchungen, etwa auf Zahnwurzelentzündung (Parodontitis)“, obwohl solche Entzündungen immer vorher behandelt werden MÜSSEN, da ansonsten die Implantate später ausfallen. Und das müssten diese Implantologen wissen!

Zu ähnlichen Ergebnissen gelangte die Zeitschrift bereits im Juli 2014, als 21 Testpatienten mit Zahnersatz-Problemen zu 15 deutschen sowie 6 polnischen Zahnärzten geschickt wurden.

[Quelle: STIFTUNG WARENTEST 10/2015, S. 86-91: 'Einen Zahn zulegen' sowie 7/2014, S. 86-91: 'Schöne teure Lückenfüller']

...zum Thema: Therapievorschläge mit unnötigen Risiken

Über solches Dilemma veröffentlichte das Magazin STERN am 3.4.2018 einen Bericht von Bernhard Albrecht, Arzt und Wirtschaftsredakteur beim STERN. – Darauf folgten wütende Reaktionen der Deutschen Zahnärzteschaft, woraufhin der STERN die Antwort des Verfassers, den die Zahnärzteschaft in ihrer Standeszeitschrift ZM veröffentlichte, als "Offenen Brief" in ihr Magazin stellte:


Im Folgenden zeigen wir hier einige grammatikalisch und orthografisch leicht überarbeitete Passagen aus diesem 'Offenen Brief'.


Einleitung: 71.000 Zahnärzte bieten in Deutschland ihre Dienste an, soviele wie nie zuvor. Dabei haben die Menschen bessere Zähne als früher. Die Anreize, bei einem Zahnarztbesuch über das Notwendige hinaus zu behandeln, sind daher hoch. Die wirtschaftlichen Zwänge sind oft für die Behandler wichtiger als die ärztliche Notwendigkeit, und mit privaten Zusatzleistungen können Zahnärzte besser verdienen.



Liebe Zahnärzte|innen,


ganz ehrlich: Die zahlreichen Leserbriefe und Kommentare aus Ihrer Zunft machen mir Angst! Nicht als Journalist, sondern als Patient. Zwar bin ich bei einem Zahnarzt meines Vertrauens, doch der ist schon über 60 Jahre alt und wird bald in Ruhestand gehen, und ich muss mich wieder in die freie Zahnarzt-Prärie begeben. Das ist dann erneut ein Glücksspiel, ob ich also wieder einen wie ihn finde oder bei einem Ihrer Leserbriefschreiber lande, die für berechtigte Kritik nur Häme übrig haben, statt mit sachlichen Argumenten diesen offensichtlichen Problemen zu begegnen. Auch ich bin der totalen Diagnose- und Therapiewillkür ausgeliefert, die Zehntausende € kosten und meine Gesundheit vernichten kann. Von dieser Willkür handelte mein Artikel. Und dass dies häufiger vorkommt, als Ihnen lieb sein kann, das möchte ich in diesem offenen Brief nochmal genauer belegen – mit Quellenangaben natürlich.


[Hinweis: +++ Die STERN-Titelgeschichte des Arztes u. STERN-Reporters können Sie hier noch einmal im Original nachlesen. +++]


Sie werfen mir also vor, ich hätte für den Artikel willkürlich schlimme Einzelfälle herausgegriffen, um einen ganzen Berufsstand schlecht zu reden. Sie werfen mir außerdem vor, der Bericht sei einseitig und reißerisch. Alles sei falsch, „man wisse gar nicht, wo man anfangen solle mit den Einwänden“. Interessant ist dabei allerdings, dass niemand schreibt, was genau falsch sein soll. ....


...zum Thema: Programmierter Betrug am Patienten

Das große Ganze ignorieren viele von Ihnen (aber nicht alle, denn es gab auch Zahnärzte, die dem Artikel vehement zustimmten). ....

Lesen Sie nochmal genau nach, was z.B. Professor Stefan Zimmer vom Lehrstuhl für Zahnerhaltung und Präventive Zahnmedizin an der Universität Witten/Herdecke sagt: "Es gibt einen Wandel (in der Zahnärzteschaft) hin zu minimal-invasiven Eingriffen. So können die eigenen Zähne heute länger erhalten werden." ....


Meine Erlebnisse passen hervorragend zu dem Schlüsselsatz des Artikels, der bei vielen Zahnärzt|innen zu Wutausbrüchen führte: "Diagnose- und Therapiewillkür in der Zahnmedizin sind gut belegt." – So isses ...leider!


Wir haben eine Auflistung von 9 Untersuchungen wissenschaftlicher Institute, Zahnärzten, Verbraucherzentralen und Printmedien aus den Jahren 1999 bis 2015 vorgelegt, bei denen 418 Zahnärzt|innen mit 67 Testpatienten u. deren Befunden konfrontiert wurden. Und dabei waren immer qualifizierte, zahnärztliche Begutachter beteiligt, deren Urteil ausschlaggebend war, und die stets Qualitätsmängel offenlegten.

Das fängt schon bei der Zahnreinigung an, bei der die Hälfte der Beläge in den Zwischenräumen haften blieb. Es geht weiter mit der Diagnosewillkür, oder dass Karies übersehen wird. Dafür wurde aber an gesunden Zähnen ein nicht erforderlicher Behandlungsbedarf festgelegt. Große Unsicherheit scheint zudem hinsichtlich der Beurteilung von Zahnentfernungen und Zahnlücken vorzuherrschen, d.h.: kann man sie so lassen oder braucht der Patient dringend teure Implantate, weil sonst -wie behauptet- „bald alle Zähne ausfallen“?

Die zahnärztliche Urteilskraft scheint hierbei oft weniger von medizinischen Erwägungen getrieben zu sein als von ökonomischen Interessen oder persönlichen Vorlieben oder dem durchschnittlichen Einkommen der Bewohner des Stadtviertels, in dem sich die Praxis befindet. Ja, die Beratung bei Zahnersatz und die Güte der Heil- und Kostenpläne lassen offenbar oft zu wünschen übrig!! – Glauben Sie nicht? Einzelfälle? Dann gehen Sie bitte den Quellen nach.


Massive Überversorgung ist in der gesamten Humanmedizin längst ein Thema. Warum leugnet man dann immer noch, dass es in der Zahnmedizin genauso ist?


Neben der Fehldiagnostik und den leider zahlreichen Fehlbehandlungen ist die Überversorgung das Dritte der großen Grundprobleme in unserem deutschen Gesundheitssystem, in dem seit Jahrzehnten falsche Anreize gesetzt werden. Die massive Überversorgung geschieht in erster Linie deshalb, damit am Ende des Jahres die Rendite der (zahn)ärztlichen Einrichtung stimmt. Die offene Diskussion über diese Missstände findet Niederschlag in unzähligen Fachdiskussionen, die ihren Weg längst in die Medien gefunden haben. Weltweit starteten Ärzte deshalb die Initiative "Choosing wisely (Gemeinsam klug entscheiden)". Diese Ärzte treten dagegen an Patienten unnötigen und teilweise gefährlichen Prozeduren auszesetzen ...aus welchen Motiven auch immer das geschieht.


Wo bleibt Ihre Debatte darüber? Zahnärzte sind in viel höherem Maße den Kräften des freien Marktes ausgesetzt als Ärzte, weil sie überwiegend selbstständig arbeiten und heute weitaus höhere Investitionen für repräsentative Praxisräume und technische Ausstattung tätigen müssen als vor 30 Jahren. Rendite wird zum Zwang, um den hohen Kredit abzubezahlen. Wer käme da nicht in Versuchung, an für den Patienten nicht durchschaubaren Zusatzleistungen zu manipulieren? Wo Zahnärzte sich doch leichter als alle anderen Ärzte der Kontrolle durch gesetzliche Krankenkassen und ihrer Begutachter entziehen können, vor allem, wenn sie Kassenpatienten auf rein privater Basis behandeln. Wie also können Sie annehmen, dass ausgerechnet Zahnärzte unter diesen Bedingungen keine 'Krankheits- und Therapieerfindung' betreiben?


Bemerkung unsererseits: Auch wenn man Verständnis dafür aufbringt unter welch finanziellem Druck die heute nur noch mit großem materiellem Aufwand einzurichtende Praxen stehen, so wäre es ehrlicher sich einem offenen Wettbewerb zu stellen beispielsweise durch eine Behandlung auf reiner Selbstzahlerbasis, bei der sich der Kassenpatient dann den Kassenanteil bei seiner Krankenkasse auszahlen lässt, statt sich zwischen Privatbehandlung und Kassenbehandlung entscheiden zu müssen und statt den wirtschaftlich oft durchaus notwendigen Zusatzanteil hinter ominösen IGeL-Leistungen versteckt werden muss. Aber das verhindern bisher im Wesentlichen auch die Krankenkassen. Schade für die Patienten mit Anspruch auf höherwertige Behandlungen ...und weil dadurch die hier geschildeteUnredlichkeit der (Zahn-)Ärzteschaft nur gefördert wird!


Wie erklärt sich, dass bei einer Verdopplung der Zahnärztezahl in den vergangenen 30 Jahren und einer sich nicht in gleichem Maße erhöhenden Verteilungssumme seitens der Krankenkassen trotzdem die Umsätze in deutschen Zahnarztpraxen überproportional gestiegen sind? Schon daraus ließe sich erkennen, dass das aus den Zusatzeinnahmen für vom Patienten privat zu zahlenden (teils überflüssigen) Zusatzleistungen generiert wird! – Wäre es da nicht aufrichtiger zu erklären, dass die halbierten Gesamtzahlungen aus dem Kassentopf aufgrund der verdoppelten Zahnärztezahl mitunter für den Einzelnen wirtschaftlich nicht mehr ausreicht, und man hier deshalb nach "Zusatzeinkommen" sucht? Wäre es nicht seriöser auf (standes)politischer Ebene nach einer "ehrlichen" Lösung zu suchen? Und dass sich dieses zusätzliche Geld hierzulande nicht nur durch verbesserte Prävention erklären lässt (ebensowenig wie durch eine gute, objektive, umfassende Beratung!), dürfte allen Beteiligten auch klar sein, oder nicht!?


Aber weiter im Text des offenen Briefes:

Neben der Überversorgung gibt es natürlich auch noch das Problem der Unterversorgung ...und zwar dort, wo Zahnärzte an bestimmten Leistungen nur wenig Geld verdienen. So stellten die Autoren des BARMER ZAHNREPORTS 2017 fest, dass seltsamerweise nur 2% der Patienten wegen einer Zahnbett-Entzündungen (Parodontitis) therapiert werden. Dabei handelt es sich hier um eine der häufigsten Krankheiten im zahnmedizinischen Bereich, die allerdings wegen fehlender Beschwerden oft lange unbemerkt bleibt. Mehr als die Hälfte aller Deutschen leidet laut aktueller Mundgesundheitsstudie schon in mittleren Lebensjahren an einer mittelschweren oder schweren Form dieser konsequenzreichen Krankheit. All diese Menschen riskieren langfristig nicht nur Zahnverlust sondern auch schwere organische Erkrankungen bis hin zum Herzinfarkt. Die Barmer hat keine Erklärung für den eklatanten Widerspruch zwischen vielen Erkrankten einerseits und den wenigen Behandelten andererseits. Aber liegt es allein daran, dass Zahnärzte zu oft bei der Untersuchung der Zahnfleischtaschen-Tiefe einfach schlampen? ...obwohl alle Patienten das alle 2 Jahre in Anspruch nehmen können? Oder liegt es vielleicht daran, dass diese Leistungen nur mit großem Aufwand durchsetzbar sind, eine entsprechende Fachqualifikation meist fehlt und die Erstattung der Leistungen in diesem Bereich vergleichsweise wenig Geld bringt?





Für uns bleibt folgendes Fazit:

Eine große Debatte über Qualitätsmängel, Über- und Unterversorgung in der Zahnmedizin ist längst überfällig.

Erste gute Ansätze dafür gibt‘s in der Kieferorthopädie. Hier wird das Treiben mancher Kollegen sogar der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) inzwischen zu bunt. Rund eine Milliarde € geben die Kassen jährlich für kieferorthopädische Behandlungen aus ...und die Ergebnisse sind teils mehr als nur 'bedauerlich'. Das liegt teilweise sicher auch an der Tatsache, dass die Ausgaben zwar doppelt so hoch sind wie noch vor zehn Jahren, dieser Geldhaufen aber im Laufe der Jahrzehnte inzwischen unter viermal sovielen Kieferorthopäden aufgeteilt werden muss. Statt die Qualität unter diesem Druck zu verbessern und sich dem zunehmenden Wettbewerb mit sachlicher Aufklärung entgegen zu stellen, werden heute meist junge Patienten und deren Eltern zu privaten Zusatzleistungen überredet. Dass sie deshalb aber bei jedem der Anbieter "schneller, schmerzfreier oder ästhetisch optimaler" behandelt werden, gehört ins Reich der Fabeln!


Unter diesem Kostendruck haben sich nicht ganz unumstrittene Therapien etabliert. Ein Beispiel dafür sind die nicht unbedingt segensreichen "festsitzenden Zahnspangen“. Kaum ein Patient bzw. ein Angehöriger wird nämlich darüber aufgeklärt, dass diese Spangen für viele nicht mehr reparable bzw. ernsthafte Schädigungen verantwortlich sind, seie es die Auflösung der Wurzeln von der Spitze her (sog. Wurzelresorptionen durch die zu starken Kräfte dieser Spangen, was deren Träger an den Schwerzen feststellen, unter denen sie immer wieder leiden müssen) und damit einem bedenklichen Verankerungsverlustes der betroffenen (meist an den diesbezüglich ohnehin schwächsten, unteren Frontzähnen) oder auch der Schaden an den Zahnkronen durch spätere Karies bzw. Flecken. Aber warum haben sich diese Spangen dann derart durchgesetzt? Ganz einfach: Diese Zahnspangen werden deshalb so gerne verwendet, weil sie einerseits nicht herausgenommen werden können und andererseits mit unnatürlichen bzw. unphysiologischen Kräften die Zähne in (übrigens wenig kontrollierte!) Positionen "zwingen" können, ihre Arbeit also fast wie von alleine machen, was für die Kieferorthopäden bequem und für die Eltern beeindruckend ist ...aber für die Zähne fatal ist!! – Wohlgemerkt: Eine feste Spange als letztes Teil einer Behandlungskette, wenn also die Form des Kiefers vorbereitet ist und genügend Platz geschaffen wurde, bedeutet eine gute Maßnahme. Eine feste Spange allerdings in einer relativ frühen Phase der Behandlung, ist ein fataler Fehler und führt zu vielen Schäden an den Zähnen!!!

An diesem Beispiel sieht man übrigens sehr gut die "Manipulationsmaschine im Interesse zahnärztlichen Vorteilsdenkens".


Weil die Beherrschung "herausnehmbarer Zahnspangen" eine Wissenschaft für sich ist, die heute kaum noch einer richtig beherrscht, sind die wissenschaftlichen Ergebnisse auch entsprechend schlecht oder werden von den 'Spezialisten', die das nicht effektiv beherrschen, schlecht geredet. Nach Studienlage sind sie dementsprechend ineffizient, wie der Sachverständigenrat für das Gesundheitswesen schon 2001 monierte. Trotzdem beginnen 65 Prozent der Kieferorthopäden ihre Behandlungen damit. Ein Widerspruch, nicht wahr? Und warum wird es dann trotzdem gemacht? Was macht das für einen Sinn? Nun, ganz einfach: Weil die Kassen eine herausnehmbare Spange bezahlen ...und zwar wiederholt!! Aber sprechen Sie mal mit Eltern, deren Kinder solche Zahnspange getragen haben, und Sie werden traurigerweise sehr oft hören, dass mit diesen Zahnspangen kaum eine Veränderung zu beobachten war (eben deshalb, weil die Kieferorthopäd|innen nicht damit umgehen konnten). Und um dieses eigene Unvermögen dann zu kaschieren sind hinterher immer die kleinen Patienten Schuld, weil sie die Zahnspangen nicht konsequent genug getragen hätten. Da machen es sich diese Ärzte aber zu einfach, weil jeder qualifizierte Kieferorthopäde das sehr schnell erkennen muss und gegensteuern kann. Aber wie gesagt: Weil die meisten mit diesen Spangen nicht umgehen können verändert sich in der Tragezeit auch wenig ...und die Kieferorthopäden loben sogar noch die Kinder für ihr Tragen, auch wenn das garnicht stimmt. Unglaublich? Ja, aber wahr!

Insofern muss man sagen (auch wenn es den Zahnärzten und Kieferorthopäden wehtut): Diese Zahnspangen sind für die meisten "Kieferorthopäden ohne Ahnung" nur dazu da Geld zu verdienen!


Ein weiteres Beispiel: Warum dauern alle kieferorthopädischen Behandlungen so lange ...in der Regel 3-5 Jahre oder länger? – Auch diese Frage lässt sich ganz einfach beantworten: weil die vorher festgesetzten Behandlungskosten von den (gesetzlichen wie privaten)  Krankenkassen in Salamischeiben quartalsweise über diesen Zeitraum bezahlt werden und danach noch ein 'Nachschlag' von weiteren 4 Quartalen lockt. Eine frühere Beendigung der Behandlung würde also bedeuten, dass der Zahnarzt bzw. Kieferorthopäde für die Behandlung weniger Geld bekäme. Das ist der falsche Anreiz für eine möglichst kurze Behandlung und zudem wieder so ein ökonomischer Grund, der IHRE Behandlung beeinflusst. Und manche Fehlstellung korrigiert sich mit zunehmendem Alter von selbst oder lässt sich durch ganz einfache, kostengünstige Maßnahmen in die richtigen Bahnen lenken. Ein anderes, für die Kinder oft traumatisierendes Fehlverhalten der Kieferorthopäden ist, dass die Behandlungen zu früh beginnen. Wussten Sie das? – Und wenn 60% der deutschen Kinder und Jugendlichen eine Zahnspange bekommen, in Schweden aber nur 27% und in Großbritannien sogar nur 12-18%, so sollte man mal dringend über diese Gründe diskutieren.

Und wie reagieren die obersten Aufsichtseinrichtungen der Zahnärzte, also die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen (KZVen) bzw. die Zahnärztekammern (ZÄKen) darauf? Besonders verlockend: Das Erlernen solcher Methodik wird von Landeszahnärztekammern nämlich sogar noch mit Weiterbildungspunkten, also mit den begehrten Nachweisen zur Aufrechterhaltung der Berufsberechtigung, geförfert bzw. belohnt. Die angebotenen Seminare sind nichts anderes als die "Verführung  zum unredlichen Egoismus", wie beispielsweise die von sog. Verkaufstrainern wie Hans-Uwe Köhler, die mehrtägige Wohlfühlseminare für das ganze Praxisteam an der Nordsee und auf Mallorca anbieten mit dem Ziel den Zahnärzten beizubringen, wie sie Menschen erfolgreicher in die Tasche greifen können. Skandalös, oder!? ...oder wie bezeichnet man die Aufforderung und Mithilfe bzw. Verführung zum Betrug am Patienten! – Urteilen Sie selbst.


Und die Zahnärztekammern, die gesetzlich betraut sind mit der Selbstkontrolle ihres Berufsstands, richten nur wenig aus gegen Überdiagnose, Übertherapie und Krankheitserfindung ...und wollen es wohl auch garnicht. Vor einigen Jahren beschwerte sich ein Bremer Zahnarzt über beunruhigende Entwicklungen in der deutschen Zahnmedizin. Und die Bundeszahnärztekammer antwortete ihm: „Leider sind eindeutige Grenzziehungen nicht möglich, da Therapiefreiheit und Sorgfaltspflichten aufeinandertreffen" (was ein schleimig-protektiver Erklärung ist das denn?). Anschließend konfrontiert mit den vielen Untersuchungen der Diagnose- und Therapiewillkür, verweisen diese Standesfunktionäre reflexartig darauf, dass die Deutschen laut Umfragen mit ihren Zahnärzten sehr zufrieden seien. Aha. Man finanziert sein Fehlverhalten auf Kosten des Vertrauens, das (Zahn)Ärzte über Jahrzehnte aufgebaut haben und zockt mit diesem 'Kredit' heute schamlos ab. Oder haben wir alle uns daran gewöhnt unnötige Euros beim Zahnarzt zu lassen? – Übrigens lässt sich all das in abgewandelter Form auch auf die anderen Fachgebiete der Medizin übertragen, wie beispielsweise auf Haut- oder Augenärzte usw.. Eine äußerst bedenkliche Entwicklung, vor allem deshalb, weil sie die Grundfesten des Vertrauens erschüttert!


Abschließend kommt nun die schlechte Nachricht:

"Das wird so bleiben", prophezeit die DAZ-Vorsitzende Celina Schätze, "es interessiert sich nämlich niemand wirklich dafür, Kassenleistungen durch höhere Honorare attraktiver zu machen. Die Kassen nicht, weil sie dann mehr zahlen müssten, und die Zahnärzte nicht, weil sie mit privaten Zuzahlungen besser verdienen. Von Kassenleistungen allein kann nämlich heute kein Zahnarztt mehr überleben.“ – Es ist wie auch in anderen Bereichen: Die Hintergründe wie auch die Wahrheit ergibt sich erst aus einer Betrachtung aus unterschiedlichen Blickwinkeln.





Wer die zu Grunde liegenden Artikel lieber umfangreich im Original lesen möchte, der schaue mal hier:


https://www.stern.de/gesundheit/offener-brief-an-zahnaerzte--diskutieren-sie-endlich-ueber-qualitaetsmaengel--7919288.html


https://www.stern.de/gesundheit/zaehne/tricks-beim-zahnarztbesuch---so-schuetzen-sie-sich-vor-ueberbehandlung-7867078.html


https://www.zm-online.de/archiv/2017/04/politik/wir-haben-eine-klare-linie/







Warum Sie einer Zuzahlung zumindest beim Kieferorthopäden) erst nach vorheriger Begutachtung zustimmen sollten?


Sie wissen inzwischen, dass ein Kieferorthopäde Sie zu den Bedingungen Ihrer Krankenkasse behandeln MUSS, und das ohne jegliche Zuzahlung! ...es sei denn, dass das Vertrauensverhältnis zwischen Ihnen gestört ist (und hierbei hat nicht nur der Patient sondern auch der Arzt seine Rechte zu wahren). – Und warum sollten sie keiner Zuzahlung zustimmen? Nun, das liegt ganz einfach daran, dass ein Kieferorthopäde nicht unterschiedlich gut behandeln darf ...und in aller Regel auch nicht tut, denn die Wahl anderer Brackets und dergleichen sind nicht unbedingt notwendig, kostet aber unterschiedlich. wobei hier unverhältnissmäßig mit dem Preis aufgeschlagen wird ...denn die kosten in Wirklickeit nicht soviel mehr. Somit ist es kompletter Unsinn Ihnen vormachen zu wollen, dass Sie mit der Zuzahlung eine bessere Behandlung bekommen. Denn wenn der|die Kieferorthopäd|in nicht viel kann, dann hilft Ihnen auch die Zuzahlung nichts! ...und wenn er|sie gut ist, dann behandelt er|sie "in jedem Fall" gut. – Insofern ist die Zuzahlung nur ein Druckmittel mit der tatsächlich dahinter stehenden Begründung, dass wirtschaftliche Zwänge der Praxis aus Sicht ihres|r Kieferorthopäd|in das fordern. Insofern wäre es ehrlicher zu sagen, dass es durchaus große Qualitätsunterschiede zwischen den einzelnen Einrichtungen und Praxen gibt, weshalb die Zuzahlung in dem einen oder anderen Fall tatsächlich zu einer besseren Behandlung führen kann ...aber meistens nicht, denn es ist nur der meist erfolgreiche Versuch die als zu gering erachtete Zahlung der Krankenkassen nach eigenen Vorstellungen zu erhöhen. Wenn wir uns also richtig verstanden haben, so wissen Sie jetzt, dass die Wahlfreiheit zwischen einer Behandlung mit Zuzahlung oder ohne Zuzahlung in keinem Fall innerhalb der gleichen Einrichtung zu unterschiedlich guter Behandlung führt!!!

Insofern können Sie den Druck auf Sie bezüglich Zuzahlung als einen Marketingtrick betrachten!


Nicht nur deshalb sollte die entscheidende Frage also nicht sein, ob sie eine Behandlung mit oder ohne Zuzahlung in einer Praxis wählen, sondern die grundlegende Frage sollte sein: wo gibt es eine|n wirklich guten Kieferorthopäd|in? ...und dort darf es dann insgesamt auch ruhig etwas teurer sein, so wie im sonstigen Leben auch. Insofern ist die Arztwahl das entscheidende Kriterium für eine gute und erfolgreiche Behandlung.